Verfasst von: willanders | 26. Oktober 2010

Geld und Politik

Seit Tagen konnten wir in Guiuan nicht einkaufen. Ob in Susans Viva, ob auf dem Markt  oder beim Bäcker – egal wo wir unseren 500 Pesoschein vorzeigten (kleiner hatten wir’s nicht, unser Kleingeld war schon vor Tagen ausgegeben), die Verkäufer winkten nur ab, und es galt, die Einkäufe wieder auszupacken und unverrichteter Dinge nach Hause zu fahren. So ging das seit Tagen. Wir machten uns schon Sorgen, dass wir womöglich nach Tacloban fahren müssen, um diesen Schein zu wechseln; ich ärgerte mich über die philippinischen Händler ohne jeden Geschäftssinn, die sich jeden Umsatz verderben  nur weil sie zu blöd sind, sich rechtzeitig mit Wechselgeld einzudecken.

Gestern abend haben wir das Grillrestaurant von Klaus und Ami besucht. Klaus rief uns schon am Eingang zu, hoffentlich kommen wir mit grossen Scheinen – und fuchtelte mit Bündeln 20- und 50-Pesoscheinen in der Luft herum. Nanu? Gestern gab es überall die Wahlen zu Barangay-Captain. Und wie es hier so üblich ist, köderten die Kandidaten ihre potentiellen Wähler mit Geld. Weil es sich um eine niedrige Stufe in der Hierarchie handelt, waren die Wähler diesmal nur 20 bzw. 50 Peso wert. Um genug von diesen Scheinen am Wahltag zu haben, hamsterten die Kandidaten diese seit Tagen und so gab es keine kleinen Scheine im Handel.

Gestern abend nach der Wahl brummte Klaus‘ Grill, Ami konnte uns kaum begrüssen, so beschäftigt war sie. Die beiden haben einen Rek0rdumsatz gemacht, nur am Wahltag zum Nationalparlament im Mai haben sie mehr verkauft. Denn die Wähler haben gleich nach dem Verlassen der Wahllokale bei Klaus an der Ecke einen Halt gemacht und ihre Stimme in gegrillte Hähnchenschenkel und Bier umgemünzt. Und dafür gaben sie ihre 20- und 50-Pesoscheine aus, die sie soeben für die Stimmabgabe bekommen hatten. Klaus wusste nicht mehr, wohin mit den vielen kleinen Scheinen, und wir konnten unsern 500 Pesoschein endlich wechseln.

Die Zahlen zur Wahlbeteiligung liegen mir nicht vor, aber sie dürften höher als in Deutschland liegen. Und heute morgen war von dem Wechselgeldengpass auf dem Markt und in Susans Viva nichts mehr zu spüren.


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